Manfred Mönig zieht Bilanz: „51 Prozent Freude waren immer da“

Quelle: wn.de
Münster – Daran muss sich die Kundschaft erst einmal gewöhnen: Nach 44 Jahren hat Manfred Mönig sein Amt als Vorsitzender der Spruchkammer des Fußball-Kreises abgegeben. Wie seine Bilanz ausfällt und was der 75-Jährige Schiedsrichtern empfiehlt, lesen Sie im Interview. Von Wilfried Sprenger

Künftig hat Manfred Mönig mehr Zeit für die geliebten Radtouren mit seiner Gattin Annette. Vor zwei Wochen gab er das Amt des Spruchkammer-Vorsitzenden im Fußball-Kreis ab. Sagenhafte 44 Jahre führte der Rechtsanwalt und Notar a.D. das Gremium an. Der 75-Jährige hat sich Zeit seines Lebens dem Ehrenamt verschrieben. 39 Jahre war er Vorsitzender des Sportvereins Ems Westbevern, noch länger ist er als CDU-Mitglied politisch aktiv.

Als Auszeichnung für sein herausragendes Engagement erhielt Mönig 1986 das Verdienstkreuz am Bande. 2015 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Im Interview spricht Mönig über seine Tätigkeit als Sportrichter. „Die Zeit war arbeitsreich, aber ich möchte sie nicht missen“, konstatiert er.

Haben Sie früher selbst Fußball gespielt?

Mönig: Ja, bei Ems Westbevern, das ist mein Verein, da bin ich als Kind Mitglied der Jugendabteilung geworden. Später habe ich in der dritten Mannschaft gespielt. Sie sehen, sonderlich erfolgreich war ich nicht.

Dafür waren Sie aber gewiss ein fairer Sportsmann und sind nie vom Platz geflogen …

Mönig: Nein, kein einziges Mal.

In welchem Alter sind Sie Vorsitzender der Spruchkammer geworden?

Mönig: Mit 31, sechs Jahre vorher war ich schon Staffelleiter, unter anderem der erste im neugegründeten Frauenfußball-Ressort des Kreises Münster.

Warum der Wechsel?

Mönig: Die Sportgerichtsbarkeit hat mich mehr interessiert als die Verwaltungstätigkeit.

Wie oft in den 44 Jahren haben Sie gedacht, es reicht, ich mache das nicht mehr?

Mönig: Nicht einmal, wirklich nicht. Mein Credo im Ehrenamt war immer, es muss 51 Prozent Freude machen und es dürfen 49 Prozent Ärger dabei sein. Die 51 Prozent waren in all den Jahren immer da.

Muss man einen juristischen Hintergrund für dieses Amt haben?

Mönig: Juristische Kenntnisse sind hilfreich. Mindestens ebenso wichtig ist der gesunde Menschenverstand. Und ein bisschen Fußball-Verständnis kann auch nicht schaden.

Sind die staatliche und die Sportgerichtsbarkeit vergleichbar?

Mönig: Es gibt schon Verwandtschaften, bestimmte Prinzipien. Es gilt die Unschuldsvermutung. Und auch das Sportgericht erfordert eine gesunde Beweiswürdigung und eine vernünftige Urteilsbegründung.

Was hat sich für die Kreisspruchkammer im Laufe der Jahrzehnte wesentlich verändert?

Mönig: Die Zahl der Sitzungen. Früher haben wir zehn- bis 15 Mal im Jahr getagt, zuletzt deutlich weniger.

Sind Ihnen etwa die Sünder ausgegangen?

Mönig: Nein, die Dinge haben sich in 2017 mit Einführung der neuen Rechts- und Verfahrenordnung und des schriftlichen Verfahrens, das die mündlichen Verhandlungen abgelöst hat, komplett verändert. Ich bedauere das.

Warum?

Mönig: Ich denke dabei vor allem an die Angeklagten. In der Verhandlung besteht eher die Bereitschaft, Reue zu zeigen und zu sagen, ich habe Bockmist gebaut, es kommt nicht wieder vor. Da merkt man sehr schnell, ob es eine ehrliche oder taktische Äußerung ist. Das lässt sich im schriftlichen Verfahren nicht beurteilen.

Waren Sie ein harter Sportrichter?

Mönig: Nein, das würde ich nicht sagen. Ich habe immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, wir haben ja auch Freisprüche ausgeurteilt, wenn es gerechtfertigt war.

Gab es Entscheidungen, die Sie im Nachhinein bedauert haben?

Mönig: Mir ist kein Fall bekannt, bei dem ich auf Anhieb sagen müsste, dass war nicht in Ordnung. Es gab ja auch kaum Berufungen gegen unsere Urteile und in der ganzen Zeit nahezu keine Aufhebungen unserer Entscheidungen. Das war auch ein Markenzeichen dieser Kammer.

Erinnern Sie sich an besonders krasse Fälle?

Mönig: Vor zwei, drei Jahren haben wir einen Spieler, der sich ganz übel benommen hat, auf Lebenszeit gesperrt.

Hat sich das Benehmen auf dem Platz verändert, war es früher anders?

Mönig: Nicht wesentlich. Hinzugekommen ist sicherlich das Verhalten von Spielern mit Migrationshintergrund. Da musste man die Mentalität, eine neue Aufgeregtheit auf dem Platz beachten.

Ein Problem für die Kammer?

Mönig: Nein, nicht wirklich. Wir mussten diese Spieler auf unsere Mentalität führen. Es gibt für niemanden Sonderrechte und für niemanden Sonderpflichten.

Gefühlt haben sich verbale und sogar körperliche Übergriffe auf Schiedsrichter erhöht …

Mönig: Das sehe ich nicht so. Schiedsrichter sind immer schon angepöbelt worden. Was wir feststellen ist, dass sich die Sprache verändert hat. Es ist sexistischer und obszöner geworden.

Was empfehlen Sie den Schiedsrichtern?

Mönig: In der Hektik mancher Situation auch einmal wegzuhören, es muss nicht alles direkt kommentiert werden. Aber natürlich gilt: Kein Schiedsrichter soll und darf sich beleidigen lassen.

Was empfehlen Sie Ihrem Nachfolger Reiner Hartdorf?

Mönig: Gar nichts, er ist ja schließlich selbst schon viele Jahre als mein Stellvertreter dabei.

Sie haben es 44 Jahre gemacht. Was bleibt an Erinnerung?

Mönig: Es war eine schöne Zeit. Sicher arbeitsreich, aber per Saldo hat es Spaß gemacht. Und es waren immer 51 Prozent Freude dabei. Mindestens.